Wrie­zen

Wrie­zen entstand im 12. Jh. als Händ­ler­sied­lung und hat wohl später von Altwrie­zen den Namen über­nom­men, wrecene (slaw. am Fluss). Es war die ursprüng­li­che natür­li­che Oder.

Denkmal auf dem Marktplatz
Oder­bruch­fi­scher, Denk­mal auf dem Markt

Wenn man das Zentrum durch­quert hat, geht, bevor man ins freie Feld gelangt, links die Straße „Am Hafen“ ab, doch den Hafen gibt es nicht mehr. Wrie­zen hatte mal ein Binnen­ha­fen, vor der Trocken­le­gung des Oder­bruchs. Jetzt fließt dort nur noch gemäch­lich ein Altarm, die „Güste­bie­ser Alte Oder“.

Wrie­zen gilt als Tor zum Oder­bruch und hatte früher eine direkte Bahn­ver­bin­dung nach Berlin, der dama­lige Wrie­ze­ner Bahn­hof in Berlin lag auf dem Gelände zwischen Ostbahn­hof und dem inter­kon­ti­nen­tal bekann­ten Club Berg­hain.

Wrie­zen war im 14. Jh. Handels­zen­trum und ab dem 17. Jh. zentra­ler Markt für alle Fischer; dort resi­dierte von 1692 bis 1874 die “Hech­t­rei­ße­rin­nung”. Diese mono­po­li­sierte — einma­lig in Deutsch­land — Fisch­ver­ar­bei­tung und den Fisch­han­del.

Die enor­men Fische­rei­er­träge, zeit­wei­lig größ­ter Anteil des preu­ßi­schen Exports, zeig­ten sich in der Archi­tek­tur der Stadt, die fast voll­stän­dig im Krieg zerstört wurde. Mit der Trocken­le­gung des Oder­bruchs endete die Fische­rei. Wrie­zen wurde nunmehr ein Markt für Agrar­pro­dukte, u.a. Wein, Tabak und Kartof­feln. Bis weit in das 20. Jahr­hun­dert wurde Berlin von Wrie­zen aus mit Fisch und Gemüse versorgt.

Im Zuge der Indu­stria­li­sie­rung wurde es eine kleine Indu­strie­stadt.

So berich­tet Fontane:

In den Jahren 1693, 1701 und 1715 gab es bei Wrie­zen der Hechte, die sich als Raub­fi­sche diesen Reich­tum zunutze mach­ten, so viele, dass man sie mit Keschern fing und selbst mit Händen grei­fen konnte. Die Folge davon war, dass in Wrie­zen und Frei­en­walde eine eigene Zunft der Hech­t­rei­ßer existierte. Ein bedeu­ten­der Handel wurde getrie­ben und der Fisch­ertrag des Oder­bruchs ging bis Böhmen, Bayern, Hamburg, ja die geräu­cher­ten Aale bis nach Italien.
In großer Fülle lieferte die Bruch­ge­gend Krebse. Danach wären denn bloß in dieser einen Stadt (Küstrin) in einem Jahre 321/2 Millio­nen Schock (1,95 Mrd.) Krebse versteu­ert worden. Auch die gemeine Fluß­schild­kröte war im Bruch so häufig, dass sie von Wrie­zen fuhren­weise nach Böhmen und Schle­sien versen­det oder viel­mehr abge­holt wurde. Schwärme von wilden Gänsen bedeck­ten im Früh­jahr die Gewäs­ser, ebenso Tausende von Enten, unter welchen letz­te­ren sich vorzugs­weise die Löffel­ente, die Quack­ente und die Krick­ente befan­den. Zuwei­len wurden in einer Nacht so viele erlegt, dass man ganze Kahn­la­dun­gen voll nach Hause brachte. Wasser­hüh­ner verschie­de­ner Art, beson­ders das Bläss­huhn, Schwäne und mancher­lei andere Schwimm­vö­gel beleb­ten die tiefe­ren Gewäs­ser, während in den Sümp­fen Reiher, Krani­che, Rohr­dom­meln, Stör­che und Kiebitze in unge­heu­rer Zahl fisch­ten und Jagd mach­ten. In den Gebü­schen und Horsten fand man Trap­pen, Schnep­fen, Orto­lane und andre zum Teil selten gewor­dene Vögel.
(Gekürzt aus: Wande­run­gen durch die Mark Bran­den­burg. Das Oder­bruch – Wie es in alten Zeiten war.)