Adel­bert von Chamisso

Adelbert von Chamisso
Ich beginne mit dem Natur­for­scher, um am Ende einen frühen Bürger Euro­pas zu würdi­gen.
Er forschte über Salpen und entdeckte deren Gene­ra­ti­ons­wech­sel, mal sexu­elle und mal asexu­elle Vermeh­rung. Das kennen wir von den Insek­ten und ande­ren Wirbel­lo­sen. Salpen gehö­ren jedoch zu den Mantel­tie­ren und aus ihnen sind die Wirbel­tiere — also unsere Vorfah­ren — hervor­ge­gan­gen.
Chamisso bota­ni­sierte gerne und sammelte während einer mehr­jäh­ri­gen Welt­reise 2.500 Pflan­zen, von denen fast 900 Neuent­deckun­gen waren, sein bota­ni­sches Autoren­kür­zel lautet „Cham.. Zusam­men mit Alex­an­der von Humboldt gilt er als Begrün­der der Pflan­zen­geo­gra­phie – einer wich­ti­gen Säule der Ökolo­gie.
Seine moor­kund­li­chen Forschun­gen ergänz­ten dies und er entdeckte auch, worum es sich bei der damals noch nicht erkann­ten Algen­blüte handelt.
 
Chamisso war Schrift­stell­ter und mit seinem Schle­mihl wohl in Deutsch­land meist bekannt. Als Lyri­ker schrieb er auch sozi­al­kri­ti­sche Gedichte. Und schließ­lich verfasste er völker­kund­li­che Schrif­ten, in denen er Kultu­ren beschrieb, denen er auf seiner Welt­reise begeg­net war. Dabei forderte er zur Erfo­schung von Kultu­ren die Kennt­nis der Spra­che der Menschen – etwas, was heut­zu­tage mancher Forscher als obso­let unbe­rück­sich­tigt lässt.
 
1838 verstarb Chamisso als Asylant 57-jährig in Berlin. Gebo­ren wurde er einem bedeu­ten­dem Adels­ge­schlecht entstam­mend vor der Revo­lu­tion in Frank­reich. Seine adli­ge­Fa­mi­lie flüch­tete nach Deutsch­land, wo er später Soldat wurde.

Nach dem durch Verrat ermög­lich­ten Fall der Festung Hameln an Napo­leon verließ er die Armee und war nun endgül­tig zwischen die Fron­ten gera­ten. Er wurde während der Befrei­ungs­kriege gegen Napo­leon in Kuners­dorf inter­niert und schrieb für das Enkel­kind von Frau von Fried­land den Schle­mihl. „Die Welt­ereig­nisse im Jahre 1813, an denen ich nicht täti­gen Anteil nehmen durfte, zerris­sen mich. Ich schrieb in diesem Sommer, um mich zu zerstreuen und die Kinder eines Freun­des (von Fried­lands Schwie­ger­sohn von Itzen­plitz) zu ergöt­zen, das Märchen Peter Schle­mihl.”

Er resu­mierte: „Ich bin Fran­zose in Deutsch­land und Deut­scher in Frank­reich; Katho­lik bei den Prote­stan­ten und Prote­stant bei den Katho­li­ken; Frei­geist bei den From­men und Frömm­ler bei den Frei­gei­stern; Welt­mann bei den Gelehr­ten und Schul­mei­ster bei der feinen Gesell­schaft; Jaco­bi­ner bei den Aristo­kra­ten und bei den Demo­kra­ten ein Adli­ger; Niemand will mich, über­all bin ich ein Frem­der … “ – Und so ist es leider heute wieder zuneh­mend in Deutsch­land, wo Sach­fra­gen zu Iden­ti­täts­fra­gen hoch­sti­li­siert und abwei­chende Meinun­gen ausge­grenzt werden.

Chamisso war nicht nur ein Univer­sa­list und Gegner des aufkei­men­den Natio­na­lis­mus, er setzte sich als welt­of­fe­ner Huma­nist für Libe­ra­li­tät ein, war den Frei­mau­rern verbun­den und bewahrte sich einen Blick für soziale Miss­stände.
Chamisso
Titel­blatt des Erst­druckes von 1814. CC BY-SA 3.0

Eine sehr gut kura­tierte Ausstel­lung ist in dem Chamisso Museum in Kuners­dorf bei dem frühe­ren Schloss der Frau von Fried­land.